Wie geht man am besten mit der ‘neuen Unübersichtlichkeit’, der Transparenz, um?
Die erste Frage, die ich mir stelle, wenn ich über die Antwort nachdenke ist die folgende: Ist denn bisher bei Ihnen alles ordentlich, übersichtlich und schön strukturiert, damit jeder nur das sieht, was er wissen muss? Diese Art der Informationsverteilung wird bei unseren Kunden manchmal als Need-to-know-Informationsverteilung benannt. Wenn ich mir das in der Realität angesehen habe oder einen Einblick bekam, war das eher ein Euphemismus für politisches Herrschaftswissen im Kontext eines unsäglichen Informationsvakuums. Dieses Vakuum verursacht weitere Politik im Unternehmen, ohnmächtige Mitarbeiter, die gar nicht agieren können, weil grundlegende Infos fehlen und unglaublich viel Frust. Das Chaos-Empfinden ist in der Regel noch höher, weil gerade diejenigen Menschen, die viel zu wenig Infos haben, einen ständigen Wechsel der Prioritäten und ein Hin und Her der Aktivitäten wahrnehmen. Das Unternehmen verkommt zur lächerlich zappelnden Marionette mit hässlichen Fratzen.
Aber zurück zu weniger drastischen Bildern und einer konstruktiven Antwort. Der erste Teil ist das Angebot: Probieren Sie es doch mal mit Transparenz aus. Unübersichtlich ist es heute schon und das bleibt es auch morgen. Jemand, der Ihnen Übersichtlichkeit verkaufen will, der müsste gleich auch noch die Komplexität in der Welt mit abschaffen. Das Problem bei der Übersichtlichkeit ist ja nicht, dass wir vergessen haben, aufzuräumen, sondern dass man gar nicht aufräumen kann. Die Menge an relevanten Informationen ist viel zu hoch. Sie wird nie komplett im Intranet stehen können. Und darüber hinaus ist sie ja auch diesen lästigen Veränderungen unterworfen. Wir müssten also ständig irgendwas umschreiben, obwohl wir es intern gar nicht verändert haben. Aber der Markt hat sich einfach ohne unsere Erlaubnis geändert.
Umarmen Sie die Veränderung und die Unübersichtlichkeit. Denn etwas anderes, als damit klar zu kommen, bleibt Ihnen eh nicht übrig.
Neu ist tatsächlich erst mal, dass jeder im Intranet lesen kann, weil ja auch jeder schreiben kann. Zumindest wenn Sie es richtig aufsetzen. Das führt zu viel mehr Informationen, die man heranziehen kann. Früher war alles so schön übersichtlich, weil es eh nicht viel Relevantes zu lesen gab. Und heute gibt es plötzlich ganz viel. Das empfinden – ich behaupte einfach mal –- alle Mitarbeiter als hilfreich. Denn ich kann, wie ich das mit dem Internet ja auch täglich mache, einfach den ganzen Informationsberg ignorieren. Oder ich kann richtig tief eintauchen und dann gleich auch schon die Namen der Ansprechpartner für meine Vertiefungsdiskussionen ermitteln. Wie cool.
Was in den vielen Informationen tatsächlich zur Herausforderung werden kann, ist die Redundanz. Die nervt tatsächlich ganz schön. Da legt einfach noch mal jemand die Seite an, die ich schon seit Monaten mit 14 Leuten pflege. Gar nicht so einfach, den dann herzlich willkommen zu heißen, seine Infos in meine Seite zu integrieren und das einzufangen. An anderer Stelle habe ich zu Redundanz schon geschrieben. In aller Kürze: Einfach ignorieren. Aktiv integrieren. Hinweisen und um eigenständige Integration bitten. In jedem Fall später archivieren, damit veralteter Kram weg kommt.
Zum Thema Transparenz habe ich auch an anderer Stelle schon geschrieben. Das ist wirklich eine bedrohliche Sache. Insbesondere für alle Manager, die heute von Herrschaftswissen leben. Die werden Sie mit einem modernen Intranet auch nie zum Freund haben. Viele gewöhnen sich an den Gedanken, dass es mit dem Herrschaftswissen jetzt halt vorbei ist. Aber das geht nicht von jetzt auf gleich. Und es ist auch kein vollständig um sich greifendes Naturgesetz im Unternehmen. Auch wenn Sie Transparenz für bestimmte Aspekte geschaffen haben, besteht immer weiter der Anreiz, Wissen, das ich habe, nicht zu teilen, weil andere es auch nutzen könnten und die Abhängigkeit von mir sinkt, wenn ich es preisgebe. Das ist keine nachhaltige Strategie und sie ist dem Teilen unterlegen. Aber auch das habe ich ausführlicher an anderer Stelle erläutert.
Kurz gesagt: Probieren Sie es einfach aus. Es wird sich vermutlich gut anfühlen und auch gut ankommen.
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